Heraeus Medical

Leuchtturmprojektbeschreibung

Unternehmenshintergrund

Kurzbeschreibung des Unternehmens

Heraeus Medical, eine Global Business Unit des Technologiekonzerns Heraeus mit Sitz in Hanau, ist ein führendes Portfoliounternehmen mit weltweiter Präsenz. Im Jahr 2021 erzielte die Gruppe einen Umsatz von 29,5 Milliarden Euro und beschäftigt rund 16.200 Mitarbeiter:innen in 40 Ländern. Heraeus zählt zu den Top 10 Familienunternehmen in Deutschland und ist führend in der Medizintechnikbranche. Mit über 250 Mitarbeitern in Wehrheim, Ts. (DE), ist Heraeus Medical auf Knochenzemente und Biomaterialien für die chirurgische Orthopädie und Unfallchirurgie spezialisiert und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Unterstützung von Operateuren und OP-Teams sowie zur Verbesserung der Operationsergebnisse.

Was sind generelle Herausforderungen des Unternehmens und was war die konkrete Herausforderung, die durch Softwareeinführung angegangen werden sollte?

Generelle Herausforderungen:

  • Bedarf an Agilität und Schnelligkeit in einem sich schnell verändernden Markt

  • Veränderung der Kundenanforderungen, die eine angepasste Ansprache und Akquise erfordern

  • Zunehmende Bedeutung von KI und darauf basierender Technologie

  • Herausfordernde Adaption neuer Prozesse aufgrund der Unternehmensstruktur

  • Spezialisiertes Produktportfolio mit hohen Anforderungen an die Prozess-Compliance

Konkrete Herausforderung:

  • Effiziente und effektive Erhebung von Kundenbedürfnissen, um eine gezielte und persönliche Ansprache von Kund:innen zu ermöglichen

Lösungsansatz - KI-basierte Software

Was waren die Ziele, mit denen die Software eingeführt wurde?

  • Schnellere, effizientere und effektivere Sammlung kundenspezifischer Informationen

  • Strukturierung von Informationen nach bestehenden und potenziellen Kund:innengruppen hinsichtlich ihrer fachlichen/beruflichen Expertise und Tätigkeiten

  • Gezielte und persönliche Ansprache von Kund:innen basierend auf ihren individuellen Bedürfnissen

Wie sah die Softwarelösung aus? An welchen Stellen tritt KI auf? Welche Daten wurden verwendet?

Es handelt sich um eine Software zur Erhebung und Auswertung von öffentlich zugänglichen Kund:innendaten, insbesondere beruflicher und fachlicher Expertise sowie Forschungsschwerpunkte. Die Software wird von einem externen Anbieter bezogen und nutzt KI zur Analyse und Strukturierung der Daten. Es werden ausschließlich öffentlich zugängliche Daten verwendet, wobei der Fokus auf beruflichen und fachlichen Informationen liegt.

Wer wird die Software nutzen?

Die internen Zielgruppen der Software umfassen Mitarbeiter:innen aus dem Vertrieb und Marketing der Heraeus Medical GmbH, während sich die externen Maßnahmen indirekt an medizinische Fachkreise und weitere Stakeholder:innen richten, die durch Vertrieb und Marketing zielgerichteter angesprochen werden können.

Umsetzung des KIDD-Prozesses im Unternehmen

Visionsphase (Wie und welche Akteure waren in die KIDD-Prozessentscheidung involviert und wie wurde das Panel der Vielfalt aufgebaut?)

Ein Panel der Vielfalt (PdV) wurde eingerichtet, bestehend aus Mitgliedern verschiedener Abteilungen wie Betriebsrat, Legal Counsel, Data Protection Officer sowie Kolleg:innen aus Marketing, Vertrieb und Commercial Services. Das PdV begleitete den KIDD-Prozess bei der Auswahl und Konfiguration der Software.

Die Auswahl der Mitglieder erfolgte basierend auf fachlichem Hintergrund, Abteilungszugehörigkeit und Diversitätskriterien wie Geschlecht, Alter, Nationalität und Betriebszugehörigkeit. Ziel war ein Gremium von ca. 15 Mitgliedern, das ein breites Spektrum an Perspektiven repräsentiert.

Anforderungsklärung (Welche zentralen Chancen und Risiken verband das PdV mit der Softwareeinführung?)

Während der Anforderungsklärungsphase diskutierte das PdV umfangreich die mit der Einführung der Software verbundenen Chancen und Risiken.

Hoffnungen

  1. Strategisch/organisational

    • Mehr Anerkennung für die Vertriebsarbeit

    • Entlastung für den Vertrieb

  2. Softwarebezogen

    • Klareres (datenbasiertes) Bild der Kundengruppe

    • Einfachere Kundenansprache durch bessere Kenntnis der Bedürfnisse

    • Nutzung ungenutzter Potenziale (z.B. Produktentwicklung, Studien, Produktlaunches)

    • Erkennen von Netzwerken und Verbindungen (z.B. zwischen Ärzt:innen, Mitgliedschaften in Verbänden)

Befürchtungen

  1. Strategisch/organisational

    • Neue Ziele/Erwartungen der Geschäftsführung/Holding

    • Erhöhter Druck auf den Vertrieb

    • Ablehnung der Softwareanwendung durch Mitarbeiter:innen

    • Fremdbestimmung durch die Software (Wird die Meinung der Mitarbeiter:innen noch berücksichtigt?)

    • Sorge um Arbeitsplatzsicherheit (Braucht man manche Stellen noch, wenn die Software gut funktioniert?)

  2. Softwarebezogen

    • Sammeln von Daten zur Beurteilung der Mitarbeiter:innenfähigkeiten (z.B. bei Social Media)

    • Zu grobes, oberflächliches Bild der Kund:innen durch zu simple Kriterien

    • Ungleichbehandlung von Ärzt:innen, die nicht im Web aktiv sind

    • Erfassung von unnötigen und privaten Daten

    • Unterschiede in der Nutzung von Kommunikationskanälen zwischen Generationen

    • Gewichtung der Quellen sollte nicht auf der Anzahl der Treffer basieren

    • Zuverlässigkeit der Software bei der Generierung relevanter Daten und Kategorisierungen

    • Abwälzen von Entscheidungen auf die Software, Vernachlässigung des menschlichen Faktors

    • Kunden könnten sich ausspioniert fühlen

Adaption/Entwicklung (Welche Anforderungen stellte das PdV an die Software, und wie wurden diese bei Kauf oder Entwicklung berücksichtigt?)

Auf Basis der identifizierten Hoffnungen und Befürchtungen formulierte das PdV zentrale ethische und diversitätsbezogene Anforderungen an die Software, darunter die Sicherstellung der Diskriminierungsfreiheit hinsichtlich Schwangerschaft, Mutterschutz oder Elternzeit sowie die Berücksichtigung ausländischer Kandidat:innen, die temporär in Deutschland arbeiten.

Test & Inbetriebnahme (Wie wurden die PdV-Anforderungen in Testfällen umgesetzt, und wie wurde die Umsetzung kommuniziert?)

Die Umsetzung der PdV-Anforderungen in Testfällen und die Kommunikation der Ergebnisse an die Belegschaft standen zum Zeitpunkt der Dokumentation noch aus.

Learnings und Best Practices

Was ist gut gelaufen? Was würde zukünftig anders gemacht werden?

Was lief gut:

  • Die Workshops wurden im Allgemeinen als bereichernd angesehen und positiv bewertet.

  • Mit Hilfe des KIDD-Prozesses wurden Fragestellungen diskutiert, die ohne das PdV nicht aufgebracht worden wären. Dies hat dazu beigetragen, die Anforderungskriterien an die Software möglichst konkret zu formulieren und Verzerrungen in der Software vorzubeugen.

  • Das PdV reagierte sehr offen und zeigte sich dem Thema gegenüber positiv eingestellt, inklusive kritischem Hinterfragen des Vorgehens. Alle angefragten Personen waren motiviert und zeigten Interesse am Thema, erkannten einen Mehrwert im Projekt und hatten das Interesse, dass das Projekt Heraeus Medical intern voranbringt.

Verbesserungspotenziale:

  • Ein zu frühes Einbeziehen des PdV führte zu Unverständnis und Irritation, da der Auftrag nicht eingeordnet werden konnte und somit auch keine hilfreichen Beiträge des PdV generiert wurden. Dies liegt daran, dass das PdV aus Anwender:innen besteht, die üblicherweise Software nutzen, sich aber in der Regel nicht mit den technischen Hintergründen beschäftigen.

  • Nicht gut funktioniert hat, dass die Diskussionen in den ersten PdV Workshops sehr abstrakt verliefen, da noch keine Software ausgewählt war.

  • Die Institutionalisierung des Panels der Vielfalt (PdV) sollte erst erfolgen, wenn die Projektidee sehr konkret ist und plakativ vorgestellt werden kann, optimalerweise auch bereits an einer Vorauswahl von Softwareanbietern.

Was sind die Schlüsselerkenntnisse und bewährte Praktiken aus der Implementierung der Software mit KIDD?

Key Learnings:

  • Komplexität des Themas: Die Komplexität des Themas erschwert das Verständnis. Es ist wichtig, konkrete und anschauliche Use-Cases und Beispiele zu verwenden, um Verständnis zu fördern.

  • Effektive Kommunikation: Kommunikation über den Einsatz neuer Technologien bleibt eine Herausforderung. Entscheidend ist, klare Anwendungsszenarien zu verwenden, um potenzielle Probleme und den Nutzen der Software zu verdeutlichen.

  • Bewusstsein für das Projekt: Das PdV wird oft als eines von vielen Projekten angesehen, mit mangelndem Bewusstsein für die Thematik Diversität. Bewusstsein für die Bedeutung des Projekts zu schaffen, sollte bei Durchführung hohe Priorität haben.

  • Konkrete Projektvorstellung: Das PdV sollte erst eingebunden werden, wenn die Projektidee konkret ist und eine Vorauswahl von Softwareanbietern existiert.

  • Fokussierte Diskussionen: Die Diskussionen in den Workshops sollten fokussiert und möglichst konkret sein.

  • Wertvolle Impulse: KIDD lieferte abseits der konkreten Software auch allgemein Impulse zur kritischen Hinterfragung herkömmlicher Arbeitsweisen und zur Integration des Diversitätsaspekts in den Arbeitsalltag.

Best Practices:

  • Moderation und Engagement: Gute Moderation ist entscheidend für die Überwindung von Anfangsschwierigkeiten und die Förderung einer produktiven Arbeitsweise. Das Engagement der Mitglieder ist ein Schlüsselfaktor für den Erfolg des Projekts.

  • Zusammenarbeit und Diskussion: Eine gute Zusammenarbeit mit etwaigen Partnern und die Ermöglichung von offenen, kritischen Diskussionen im PdV tragen zur erfolgreichen Durchführung des Projekts bei.

  • Fokus: Das PdV sollte sich zeitlich fokussiert treffen und Inhalte kondensiert besprechen. Dies hilft, bei der Stange zu bleiben und das Thema im Kopf zu behalten.

  • Mitgliederauswahl nach Interesse und Engagement: Die Auswahl von PdV-Mitgliedern sollte möglichst auch nach Interesse und Engagement erfolgen. Fördert das Engagement und die Kontinuität im Projekt.

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